Wer ist die Rote Hilfe?

Die Rote Hilfe ist eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. Sie konzentriert sich auf politisch Verfolgte aus der BRD, bezieht aber auch nach Kräften Verfolgte aus anderen Ländern ein. Unsere Unterstützung gilt allen, die als Linke wegen ihres politischen Handelns, z.B. wegen presserechtlicher Verantwortlichkeit für staatsverunglimpfende Schriften, wegen Teilnahme an spontanen Streiks oder wegen Widerstand gegen polizeiliche Übergriffe ihren Arbeitsplatz verlieren, vor Gericht gestellt, verurteilt werden. Ebenso denen, die in einem anderen Staat verfolgt werden und denen hier politisches Asyl verweigert wird.

 

1. Sowohl politische als auch materielle Hilfe

  • Wir bereiten zusammen mit den Angeklagten den Prozeß vor und machen besonders seinen politischen Hintergrund in der Öffentlichkeit bekannt.
  • Wir sorgen durch Solidaritätsveranstaltungen, Spendensammlungen und Zuschüsse aus den Beitragsgeldern dafür, daß die finanziellen Belastungen von vielen gemeinsam getragen werden. Besonders Anwalts- und Gerichtskosten können teilweise oder ganz übernommen werden, aber auch Zahlungen zum Lebensunterhalt geleistet werden, wenn hohe Geldstrafen, Verlust des Arbeitsplatzes oder Gefangenschaft die Betroffenen oder ihre Familien in Schwierigkeiten gebracht haben.
  • Zu politischen Gefangenen halten wir persönlichen Kontakt und treten dafür ein, daß die Haftbedingungen verbessert, insbesondere Isolationshaft aufgehoben wird; wir fordern ihre Freilassung.

 

2. Die Rote Hilfe ist keine karitative Einrichtung

Die Unterstützung für die Einzelnen soll zugleich ein Beitrag zur Stärkung der Bewegung sein. Jede und Jeder, die sich am Kampf beteiligen, soll das in dem Bewußtsein tun können, daß sie auch hinterher, wenn sie Strafverfahren bekommen, nicht alleine dastehen. Ist es der wichtigste Zweck der staatlichen Verfolgung, diejenigen, die gemeinsam auf die Straße gegangen sind, durch Herausgreifen Einzelner voneinander zu isolieren und durch exemplarische Strafen Abschreckung zu bewirken, so stellt die Rote Hilfe dem das Prinzip der Solidarität entgegen und ermutigt damit zum weiterkämpfen.

Außer der unmittelbaren Unterstützung für Betroffene sieht die Rote Hilfe ihre Aufgabe auch darin, sich im allgemeinen Sinn an der Abwehr politischer Verfolgung zu beteiligen. Sie wirkt z.B. schon im Vorfeld von Demonstrationen darauf hin, daß die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich selbst und andere möglichst effektiv vor Verletzungen und Festnahmen durch die Staatsgewalt schützen. Sie engagiert sich gegen die Verschärfung der Staatsschutzgesetze, gegen weiteren Abbau von Rechten der Verteidigung, gegen Isolationshaft, gegen weitere Beschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

 

3. Mitgliedschaft und Organisation der Arbeit in der Roten Hilfe

Der Roten Hilfe gehören nur Einzelpersonen als Mitglieder an. Es gibt keine kollektive Mitgliedschaft von Gruppen oder Organisationen – wenn auch oft Mitglieder anderer Organisationen gleichzeitig Mitglieder der Roten Hilfe sind.

Die Rote Hilfe organisiert ihre Arbeit auf zwei Ebenen:

Zum einen bundesweit:

Die Mitglieder (darunter ein großer Teil „Einzelmitglieder“, d.h. keiner Ortsgruppe angehörend) wählen Delegierte zur Bundesdelegiertenversammlung, welche über die Grundsätze und Schwerpunkte der Rote-Hilfe-Arbeit entscheidet. Mit ihren Mitgliedsbeiträgen schaffen sie die materielle Grundlage für die Unterstützungen.

Für die zweckentsprechende Verwendung der Gelder (der Mitgliedsbeiträge ebenso wie der zu bestimmten Anlässen gesammelten Spenden) ist der Bundesvorstand verantwortlich. Der Bundesvorstand entscheidet über die Verwendung der Mitgliedsbeiträge, organisiert Spendenaktionen und zentrale Kampagnen zu bestimmten Anlässen und ist für die laufende Arbeit verantwortlich.
Die Information der Mitglieder und die Öffentlichkeitsarbeit auf Bundesebene wird im Wesentlichen durch die vierteljährlich vom Bundesvorstand herausgegebene Rote-Hilfe-Zeitung geleistet.

Zum anderen gibt es in einigen Städten Ortsgruppen der Roten Hilfe.

 

4. Die Rote Hilfe versteht sich als Solidaritätsorganisation für die gesamte Linke

Das heißt nicht, daß sie irgendeinen Alleinvertretungsanspruch erhebt (im Gegenteil streben wir die Zusammenarbeit mit möglichst vielen anderen Prozeßgruppen, Soli-Fonds, Antirepressions-Gruppen, Ermittlungsausschüssen usw. an!), sondern das heißt, daß sie an sich selbst den Anspruch stellt, keine Ausgrenzungen vorzunehmen.

In ihrer Satzung verpflichtet sie sich:

„Die Rote Hilfe ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation. Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der Arbeiter_innenbewegung, die Internationale Solidarität, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische und gewerkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Antisemitismus, Militarismus und Krieg. Unsere Unterstützung gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren, Berufsverbot erhalten, vor Gericht gestellt und zu Geld- oder Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige Nachteile erleiden. Darüber hinaus gilt die Solidarität der Roten Hilfe den von der Reaktion politisch Verfolgten in allen Ländern der Erde.“ (aus §2 der Satzung der Roten Hilfe)

Wir wollen nicht nur materielle, sondern auch politische Unterstützung leisten, wollen also das, wofür jemand verfolgt wird, soweit es uns möglich ist, auch in der Öffentlichkeit vertreten. Deshalb suchen wir mit denen, die wir unterstützen, die politische Auseinandersetzung, nehmen eventuell auch zu ihrer Aktion Stellung. Aber wir machen vom Grad der Übereinstimmung nicht unsere Unterstützung abhängig.

Diese politische Offenheit war für die Rote Hilfe nicht immer selbstverständlich. (vgl. dazu die Broschüre: „20/70 Jahre Rote Hilfe“, erhältlich im Literaturvertrieb der Roten Hilfe.) Daß sie heute nicht nur in der Satzung steht, sondern alltägliche Praxis ist, erkennt mensch vielleicht am ehesten an den Fällen konkreter Unterstützungszahlungen. Die Fälle der unterstützten oder abgelehnten Anträge des jeweils letzten Quartals werden auszugsweise in jeder Rote Hilfe-Zeitung veröffentlicht.

 

5. Braucht die Linke eine übergreifende Solidaritätsorganisation?

In der Regel erhalten Leute, die festgenommen werden, einen Prozeß haben usw. Unterstützung aus dem politischen Umfeld, in dem die verfolgte Aktion gelaufen ist. Wer z.B. wegen Blockade einer Militäreinrichtung verurteilt wurde, wird in erster Linie auf die Solidarität von Gruppen der Friedensbewegung rechnen können, verfolgte AntifaschistInnen mit Solidarität aus der Antifa-Bewegung. Wir meinen, daß diese naheliegende Form der Solidarität die wichtigste überhaupt ist und beabsichtigen keineswegs, sie zu ersetzen. Wohl aber, sie zu ergänzen.

Es gibt immer auch Menschen, die als Einzelne z.B. an einer Demonstration teilnehmen und im Falle ihrer Festnahme nicht unbedingt auf einen unmittelbaren Unterstützungskreis zurückgreifen können.

Manchmal sind die Belastungen durch Prozeßkosten usw. oder auch die Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit so hoch, daß sie von einer Gruppe allein nicht getragen werden können.

In vielen Fällen ziehen sich Ermittlungen, Anklageerhebung und Prozesse durch mehrere Instanzen so lange hin, daß die politischen Zusammenhänge sich in der Zwischenzeit längst verändert haben und wenn das Urteil rechtskräftig wird, niemand mehr für Unterstützung ansprechbar ist. Aus diesen Gründen halten wir eine Solidaritätsorganisation für notwendig,

  • die unabhängig von politischen Konjunkturen kontinuierlich arbeitet
  • die aufgrund eines regelmäßigen Spendenaufkommens verläßlich auch langfristige Unterstützungszusagen machen kann
  • die bundesweit organisiert und nicht an Großstädte gebunden ist
  • die sich für die politisch Verfolgten aus allen Teilen der linken Bewegung verantwortlich fühlt
  • die auf Gesetzesverschärfungen und Prozeßwellen bundesweit reagieren kann

 

So­li­da­ri­tät muss or­ga­ni­siert wer­den!